Nachträgliche Erbschaft- oder Schenkungsteuerzahlungen durch Covid-19 Pandemie | McDermott

Nachträgliche Erbschaft- oder Schenkungsteuerzahlungen durch Covid-19 Pandemie

Überblick


Viele Familienunternehmen kämpfen weiter mit den Folgen der staatlichen Maßnahmen gegen die Corona-Pandemie. Familienunternehmen, deren Gesellschaftsanteile in den letzten Jahren im Rahmen einer Unternehmensnachfolge steuerbegünstigt übertragen wurden, droht nun auch von Seiten des Finanzamts coronabedingter Ungemach.

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Begünstigungsregelungen für Betriebsvermögen

Hintergrund sind die Begünstigungsregelungen für Betriebsvermögen im Erbschaftsteuer- und Schenkungsteuergesetz. Gesellschaftsanteile von Familienunternehmen lassen sich unter bestimmten Voraussetzungen zu 85% bzw. 100% steuerfrei übertragen. Die Begünstigungsregelungen sollen verhindern, dass Unternehmensnachfolger den übernommenen Betrieb ganz oder teilweise veräußern müssen, um Erbschaft- bzw. Schenkungsteuer zu bezahlen.

Rückwirkender Wegfall

Die Steuerbegünstigungen fallen rückwirkend weg, wenn innerhalb von fünf bzw. sieben Jahren nach der Anteilsübertragung der Betrieb eingestellt wird, wesentliche Vermögensgegenstände verkauft oder Mitarbeiter in großem Umfang abgebaut werden. Der Gesetzgeber wollte mit solchen Bestandsschutzvorschriften verhindern, dass der junge Unternehmenserbe nach der Anteilsübertragung Kasse macht oder als erste Amtshandlung die Sozialpartnerschaft mit den Arbeitnehmern aufkündigt.

Lohnsummenregelung

Durch die staatlich angeordneten Maßnahmen zur Bekämpfung der Corona-Krise sind viele Unternehmen in eine unverschuldete Krise geraten. Um finanzielle Engpässe zu überbrücken, sehen sich einige Unternehmen gezwungen, Kosten durch Stellenstreichungen zu reduzieren, was zur Verletzung der Lohnsummenregelungen führen kann. Auch die Veräußerung von wesentlichem Betriebsvermögen kann eine Nachversteuerung auslösen. Die Finanzbehörden sehen zumindest bei der Tilgung betrieblicher Schulden von einer Nachversteuerung ab.

Insolvenz

Besonders bitter ist die Eröffnung eines Insolvenzverfahrens. Neben der häufigen persönlichen Härte stellt die Finanzverwaltung die Insolvenz einer Veräußerung gleich, die den Wegfall der Steuerbegünstigung zur Folge hat. Doch damit nicht genug: Die Berechnung der nachzuzahlenden Erbschaft- oder Schenkungsteuer wird auf Grundlage des Unternehmenswerts zum Zeitpunkt der Anteilsübertragung vorgenommen und gerade nicht auf Basis des coronabedingt niedrigeren Unternehmenswerts. Die Steuernachforderung des Finanzamts trifft den Steuerpflichtigen übrigens auf persönlicher Ebene und ist nicht Teil des Insolvenzverfahrens.

Maßnahmen

Dem Bundesfinanzministerium sind diese Härten bekannt. Auf Covid-19 hat die Finanzverwaltung bisher durch die Möglichkeit zur zinslosen Stundung der Erbschaft- und Schenkungsteuer reagiert. Damit ist den betroffenen Unternehmen nicht ausreichend geholfen. Zur Vermeidung unverschuldeter Härten wäre es geboten, die Lohnsummenregelungen auszusetzen bzw. zumindest die Mindestlohnsummen erheblich abzusenken und die Fristen zur Erreichung der geforderten Lohnsummen erheblich zu verlängern. Die coronabedingte Insolvenz eines Unternehmens sollte keine Nachversteuerung auslösen.

Praxisempfehlung

Unternehmen, die sich aktuell in einer coronabedingten Krisensituation befinden, ist zu empfehlen, die betriebswirtschaftlich gebotenen Sanierungsmaßnahmen mit den gesetzlichen Vorgaben des ErbStG abzustimmen, um erheblichen Steuernachzahlungen auf privater Ebene zu verhindern.