Überblick
Wohnen, Bauen, Klima: Die Wohn- und Klimapolitik im Koalitionsvertrag 2025
Mit dem Koalitionsvertrag 2025 hat sich die Bundesregierung ehrgeizige Ziele für den Wohnungsbau, das Mietrecht, die kommunale Wohnungspolitik und die Wärmewende im Gebäudesektor gesetzt. Im Zentrum steht eine neue Dynamik für den Wohnungsmarkt, verbunden mit sozialer Verantwortung und Klimaschutz.
Wohnungsbauoffensive: Turbo für mehr Wohnraum
In den ersten 100 Tagen der neuen Legislaturperiode soll ein „Wohnungsbau-Turbo“ gezündet werden. Ziel ist die Schaffung von jährlich 400.000 neuen Wohnungen, darunter 100.000 öffentlich geförderte. Um dies zu erreichen, will die Bundesregierung das Bauordnungsrecht reformieren, serielle und modulare Bauweisen fördern sowie technische Standards vereinfachen. Insbesondere der Gebäudetyp E („einfach“) soll rechtlich abgesichert und damit als kostengünstige Bauoption gestärkt werden.
Ein Kernelement ist die Digitalisierung von Planungs- und Genehmigungsverfahren. Rahmengenehmigungen sollen dazu beitragen, Bauprozesse deutlich zu beschleunigen. Zudem werden DIN-Normen auf ihre wirtschaftlichen Auswirkungen geprüft. Der Bund plant flankierend steuerliche Entlastungen, gezielte Investitionsanreize und Maßnahmen zum Bürokratieabbau.
Mietrecht: Schutz für Mieter, Anreize für Vermieter
Die Koalition setzt im Mietrecht auf ein Gleichgewicht zwischen Mieterschutz und Investitionsfreundlichkeit. Die Mietpreisbremse wird bis 2029 verlängert, in angespannten Märkten wird die Kappungsgrenze auf 11 % in drei Jahren gesenkt. Gleichzeitig wird der Umgang mit Indexmieten neu geregelt, möblierte und kurzfristige Vermietungen strenger reguliert und die Vorschriften gegen Mietwucher im Wirtschaftsstrafgesetz überarbeitet.
Ein „nationales Mietenregister“ wird eingeführt, um Mietpreisentwicklungen transparent zu machen. Für Städte über 100.000 Einwohner wird ein qualifizierter Mietspiegel verpflichtend. Modernisierungen sollen durch eine Erhöhung der Bagatellgrenze auf 20.000 Euro erleichtert werden, ohne die Mieter über Gebühr zu belasten. Vermieter, die dauerhaft günstig vermieten, sollen steuerlich begünstigt werden.
Kommunale Vorkaufsrechte und Share Deals
Der Handlungsspielraum von Kommunen bei der Steuerung lokaler Wohnungsmärkte wird erweitert. Vorkaufsrechte in Milieuschutzgebieten und bei sogenannten Schrottimmobilien werden rechtlich gestärkt und deren Ausübung vereinfacht. Zudem sollen Vorkaufsrechte künftig auch auf sogenannte Share Deals ausgeweitet werden – also auf Konstruktionen, bei denen Immobilien durch Firmenbeteiligungen verkauft werden.
Die Bundesregierung reagiert damit auch auf ein Urteil des Bundesverwaltungsgerichts vom November 2021, das bisherige Ausübungspraktiken von Vorkaufsrechten eingeschränkt hatte. Der Gesetzgeber plant eine rechtliche Klarstellung, um den Gemeinden wieder mehr Einfluss auf die Stadtentwicklung zu geben.
Wärmewende im Gebäudebereich: Klimaschutz mit Pragmatismus
Der bisherige Kurs der Heizwende wird korrigiert. Das stark kritisierte Gebäudeenergiegesetz (GEG) wird überarbeitet und technologieoffen ausgestaltet. Ab dem 1. Januar 2025 müssen neu installierte Heizungen einen Anteil von 65 % erneuerbarer Energien aufweisen. Für den Gebäudebestand gilt künftig der Effizienzhaus-Standard 70 bei umfangreichen Umbauten, während der Neubau ab 2025 dem KfW-Effizienzhaus-Standard 40 entsprechen soll.
Zudem wird ein Stufenmodell eingeführt, nach dem der CO₂-Preis für Heizkosten künftig zwischen Mietern und Vermietern geteilt wird – abhängig von der Energieeffizienz des Gebäudes. Ein Prüfauftrag betrifft die sogenannte „Teilwarmmiete“: Vermieter wären verpflichtet, Wohnungen auf 20–22 °C zu beheizen, während darüber hinausgehender Energieverbrauch vom Mieter getragen würde.
Förderprogramme für energetische Sanierungen und den Umstieg auf klimafreundliche Heizsysteme werden fortgesetzt. Damit will die Bundesregierung einerseits Klimaziele erreichen, andererseits aber soziale Härten und Überforderung von Eigentümern vermeiden.
Steuern im Koalitionsvertrag
Unter den Leitlinien Wachstum und Zusammenarbeit haben sich die Koalitionsparteien auch einige steuerliche Maßnahmen vorgenommen. Nachfolgend werden ausgewählte Aspekte auf den Gebieten Unternehmenssteuern, Fonds und Investitionen sowie grenzüberschreitende Themen zusammengefasst:
Unternehmenssteuern
- Der Körperschaftsteuersatz soll (derzeit 15 %) in fünf Schritten um jeweils ein Prozent ab dem 1. Januar 2028 (d. h. 10 % zu einem späteren Zeitpunkt) gesenkt werden.
- Der Solidaritätszuschlag in Höhe von 5,5 % bleibt unverändert bestehen (auch für derzeit erfasste natürliche Personen).
- Der Mindest-Gewerbesteuersatz (vorbehaltlich eines Gewerbesteuerhebesatzes >280%) wird auf 9,8 % (derzeit 7 %) angehoben. Betriebsstätten in Gewerbesteuer-Oasen sollen (weiterhin) genau auf relevante Substanz überprüft werden.
- Es soll eine degressive Abschreibungsmethode auf Ausrüstungsinvestitionen iHv. 30% in den Jahren 2025, 2026 und 2027 eingeführt werden.
- Die rechtsformneutrale Besteuerung von Unternehmen soll gestärkt werden (ua durch Verbesserung des Optionsmodells für Personengesellschaften). Zudem soll geprüft werden, ob ab dem Jahr 2027 gewerbliche Einkünfte neu gegründeter Unternehmen einheitlich mit Körperschaftsteuer besteuert werden. Dies könnte zumindest als Anzeichen einer geplanten Steuerreform verstanden werden.
Fonds und Investitionen
- Investitionen privater Fonds in Infrastruktur und erneuerbare Energien sollen auch durch eine Anpassung der entsprechenden Steuerregelungen erleichtert werden.
- Das Umfeld für Start-ups soll verbessert werden, insbesondere durch die Erhöhung der Verfügbarkeit von Risikokapital durch bessere Beteiligungsmöglichkeiten institutioneller Investoren. Die Mitarbeiterbeteiligung soll durch entsprechende steuerliche und sozialversicherungsrechtliche Regelungen weiter gestärkt werden.
- Die Koalitionsparteien unterstützen eine praxisnahe Solvency II-Novelle auf europäischer Ebene zur Senkung der Eigenkapitalanforderungen für Infrastrukturprojekte und Wagniskapital.
Grenzüberschreitende Themen
- An der globalen Mindeststeuer soll zwar festgehalten werden. Die Überschrift „Aussetzung Globale Mindeststeuer“ und der Hinweis auf internationale Divergenzen und Wettbewerbsnachteile für deutsche Unternehmen zeigen jedoch eine gewisse Zurückhaltung der Koalitionsparteien bei dem Thema.
- Unter der Überschrift Steuerhinterziehung- und Vermeidung wird bekräftigt, für die Bekämpfung von Steuerhinterziehung und einen wirksamen Steuervollzug einzutreten. Dies soll die konsequente Aufnahme unkooperativer Steuerhoheitsgebiete auf die EU Blacklist beinhalten sowie die Überprüfung unberechtigter Vergünstigungen bei der Dividendenbesteuerung (sog. „Cum-Cum-Geschäfte“).
- Ferner wird auch die Unterstützung einer Finanztransaktionsteuer auf europäischer Ebene festgehalten.
Fazit
Mit dem Koalitionsvertrag 2025 verfolgt die Bundesregierung eine dreifache Strategie, die auf beschleunigten Wohnungsbau, gerechtere Mietregelungen und eine pragmatische Klimapolitik im Gebäudesektor setzt. Dabei liegt die Herausforderung vor allem in der Umsetzung: Um die ambitionierten Ziele zu erreichen, ist eine enge Zusammenarbeit von Bund, Ländern und Kommunen erforderlich. Die im Vertrag vorgesehenen steuerlichen Maßnahmen tragen die Handschrift von Union und SPD, enthalten jedoch keine großen Überraschungen. Aus dem Kompromiss ist (noch) kein Durchbruch entstanden, auch wenn die Steuererleichterungen grundsätzlich begrüßenswert sind – diese stehen allerdings alle unter Finanzierungsvorbehalt. Für Steuerpflichtige bleibt es wichtig, auch weiterhin auf Substanz und steuerliche Compliance zu achten. In Bezug auf Investitionen in Infrastruktur und erneuerbare Energien bleibt zu hoffen, dass die notwendige gesetzliche Anpassung nun zügig umgesetzt wird.