BIMSCHG Novelle: Wesentliche Erleichterung für Onshore Windparks | McDermott

BIMSCHG Novelle: Wesentliche Erleichterung für Onshore Windparks

Überblick


Der Bundestag hat der Reform des Bundes-Immissionsschutzgesetzes („BImSchG“) mit dem Beschleunigungspakt für Erneuerbare Energien und Elektrolyseure am 6.6.2024 zugestimmt und damit eine wesentliche Novelle des Immissionsschutzes auf die Zielgerade gebracht.

Branchenverbände sehen in dem Gesetz zur Verbesserung des Klimaschutzes beim Immissionsschutz, zur Beschleunigung immissionsschutzrechtlicher Genehmigungsverfahren und zur Umsetzung von EU-Recht („BImSchG-Novelle“) einen wesentlichen Hebel für die Beschleunigung der Genehmigungsverfahren, insbesondere für Windenergieanlagen an Land.

Nachfolgend geben wir einen Überblick über die wesentlichen Neuerungen für Windenergieanlagen an Land.

1. Allgemeine Verfahrenserleichterungen

Insgesamt bringt die BImSchG-Novelle diverse Verfahrenserleichterungen für alle vom BImSchG erfassten Anlagentypen (also neben Windenergieanlagen etwa auch bestimmte Umspannwerke und Elektrolyseure).

  • Dies betrifft im Bereich der Digitalisierung etwa die Stärkung der elektronischen Antragsstellung (§ 10 Abs. 1 BImSchG-Neu), aber auch die Möglichkeit, Online-Erörterungstermine durchzuführen (§ 10 Abs. 6 BImSchG-Neu). Zudem soll die öffentliche Bekanntmachung und auch die Auslegung der Unterlagen weitestgehend online stattfinden (§ 10 Abs. 3 BImSchG-Neu). Eine weitergehende Digitalisierung der Genehmigungsverfahren soll vor allem dazu beitragen, Ressourcen bei Behörden und Antragstellern besser einzusetzen und damit einhergehende Verzögerungen zu verhindern.
  • Beginn und Dauer der Genehmigungsfristen werden zukünftig klarer geregelt. Die Genehmigungsfrist von drei Monaten (im vereinfachten Verfahren) bzw. sieben Monaten (im regulären Verfahren) soll künftig nur noch einmalig für drei Monate verlängert werden können (vgl. § 10 Abs. 6a BImSchG-Neu). Bislang war eine Verlängerung mehrfach möglich, was in der Praxis zu erheblichen Verzögerungen geführt hat.
  • Auch wird der Fristbeginn für die Genehmigungsfrist erstmalig gesetzlich bestimmt. Die Frist für Genehmigungsverfahren beginnt nach den neuen gesetzlichen Vorgaben nunmehr bereits dann, wenn die Genehmigungsbehörde innerhalb eines Monats ab Antragseinreichung nicht reagiert hat (bzw. diese Frist einmalig um 2 Wochen verlängert hat) oder die erstmalig nachgeforderten Unterlagen vom Antragsteller nachgereicht wurden (vgl. § 7 Abs. 1 S. 4 der 9. BImSchV-Neu). So soll verhindert werden, dass der Fristbeginn durch wiederholtes Nachfordern weiterer Unterlagen (wie in der Praxis leider häufig der Fall) verzögert wird.
  • Die BImSchG-Novelle legt erstmalig verbindlich fest, wann Antragsunterlagen vollständig sind. Gemäß § 7 Abs. 2 der 9. BImSchV gelten Unterlagen nunmehr als vollständig, wenn die Unterlagen in einer Weise prüffähig sind, dass sie sich zu allen rechtlich relevanten Aspekten des Vorhabens verhalten, und die Behörde in die Lage versetzen, den Antrag unter Berücksichtigung dieser Vorgaben näher zu prüfen. Aus praktischer Perspektive bleibt jedoch abzuwarten, ob die Einführung dieser Definition dazu führt, dass Unsicherheiten tatsächlich reduziert werden, denn die Anforderungen an die Unterlagen bleiben vage. Die Formulierung wurde im Rahmen der Konsultationsphase dementsprechend von Branchenverbänden kritisiert, Verbesserungsvorschläge wurden vom Gesetzgeber allerdings nicht implementiert.
  • Für Windenergieanlagen an Land und Elektrolyseure zur Herstellung von grünem Wasserstoff soll der Erörterungstermin zukünftig grundsätzlich entfallen, wenn er nicht vom Vorhabenträger beantragt wird.
  • Für Genehmigungen, die im vereinfachten Verfahren nach § 19 BImSchG erteilt werden (z.B. für Windparks mit weniger als 20 Windenergieanlagen), wird nochmals klargestellt, dass die Genehmigung auf Antrag des Vorhabenträgers öffentlich bekanntzumachen ist. Auch wenn dies schon bislang richterlich bestätigt war, dient die Klarstellung der Rechtssicherheit. Mit der öffentlichen Bekanntgabe und der daraus folgenden Zustellungsfiktion werden die einmonatigen Rechtsbehelfsfristen Dritter auch im vereinfachten Verfahren in Gang gesetzt werden (vgl. § 10 Abs. 8 BImSchG).

2. Projektmanager

Die Rolle des Projektmanagers wird gefestigt. Dazu wird zum einen eine eigene Vorschrift geschaffen (§ 2b der 9. BImSchV-Neu), die die Beauftragung und den möglichen Aufgabenkatalog der Projektmanager festlegt.

In der Praxis ist es oft die (unzureichende) personelle Ausstattung der Genehmigungsbehörden, die das Genehmigungsverfahren verlängert. Durch den vermehrten Einsatz externer Verwaltungshelfer, die unbürokratisch auf Kosten der Vorhabenträger eingesetzt werden können und berechtigt sind, Aufgaben der Behörde übernehmen, kann diesem Engpass effektiv entgegengewirkt werden. Gleichzeitig wird die Abstimmung zwischen den Beteiligten vereinfacht, da im Zweifel der Projektmanager die Kommunikation übernehmen kann.

Um Unsicherheiten im Hinblick auf die Abwicklung der Beauftragung zu vermeiden, legt § 2b der 9. BImSchV-Neu auch fest, dass die Beauftragung und Abrechnung grundsätzlich zwischen Vorhabenträger und Projektmanager erfolgt. Damit reduziert sich aus Sicht der Behörde das Kostenrisiko, was den Einsatz eines Projektmanagers für die zuständige Behörde noch attraktiver macht.

3. Repowering 

Die BImSchG-Novelle erweitert den Anwendungsbereich für Repowering-Vorschriften bei einem vollständigen Austausch der Windenergieanlagen (vgl. § 16b Abs. 2 BImSchG-Neu):

  • Zum einen haben Vorhabenträger nun doppelt so lange Zeit, die neue Anlage zu fertigzustellen. Bislang musste die neue Anlage innerhalb von 24 Monaten nach Rückbau der Bestandsanlage errichtet werden. Diese Frist wurde nun auf insgesamt 48 Monate verlängert.
  • Auch die genaue Standortwahl für eine Repowering-Anlage wird durch die BImSchG-Novelle flexibler gestaltet. Der Abstand zwischen der Bestandsanlage und der neuen Anlage darf zukünftig bis zum fünffachen der Gesamthöhe der neuen Anlage betragen, bislang lag der Abstand bei dem maximal zweifachen der Gesamthöhe.
  • Weiterhin wird die sog. Delta-Prüfung zum Standardfall bei der Zulassung von Repowering-Projekten. Dadurch findet im Regelfall keine umfassende Prüfung der Genehmigungsfähigkeit mehr statt, vielmehr beschränkt sich das Verfahren auf die möglichen negativen Abweichungen zwischen der (bereits genehmigten) Bestandsanlage und der geplanten neuen Anlage. Bislang erfolgte die Delta-Prüfung nur auf Antrag und auf Risiko des Vorhabenträgers und war auch inhaltlich auf bestimmte Belange begrenzt.

4. Stärkung des Vorbescheids

Im Genehmigungsverfahren für Windenergieanlagen wird darüber hinaus die Bedeutung des Vorbescheids gestärkt. Nach den neuen Regelungen des § 9 Abs. 1a BImSchG-Neu soll es nicht mehr wie bisher erforderlich sein, dass die Auswirkungen der geplanten Gesamtanlage beurteilt werden können. Eine vorläufige Umweltverträglichkeitsprüfung, findet somit nicht mehr statt. In der Praxis führte das Erfordernis einer vorläufigen UVP häufig zu Verzögerungen im gesamten Genehmigungsverfahren, da die Bedeutung eines vorläufig positiven Gesamturteils von Vorhabenträgern und Behörden regelmäßig sehr unterschiedlich beurteilt wurde. Die hierdurch entstehenden Unsicherheiten wirkten sich auch auf potenzielle Investitionen in das Projekt in diesem Verfahrensstadium aus.

5. Einfachere Typenänderung

Weiterhin wird auch die Typenänderung bei Windenergieanlagen im laufenden Verfahren vereinfacht. Aufgrund der relativ langen Planungs- und Genehmigungsdauer einer Windenergieanlage, kommt es in der Praxis häufig vor, dass für ein Projekt ein Anlagentyp beantragt und genehmigt wird, der bei Errichtung der Anlage bereits technisch überholt ist. Zukünftig sollen nach der Neuregelung in § 16b Abs. 7 BImSchG-Neu daher ausschließlich die Standsicherheit sowie die schädlichen Umwelteinwirkungen durch Geräusche und nachteilige Auswirkungen durch Turbulenzen geprüft werden, wenn die Anlage nur geringfügig geändert wird. Dies betrifft solche Vorhaben, bei denen sich der Standort der Anlage um nicht mehr als 8 m ändert, die Gesamthöhe um nicht mehr als 20 m erhöht und der Rotordurchlauf um nicht mehr als 8 m verringert (vgl. § 16b Abs. 7 S. 3 und Abs. 8 BImSchG). Darüber hinaus wird für bestimmte Typenänderungen eine Genehmigungsfiktion eingeführt: Soweit die Anlage durch die beantragten Änderungen nur im oben dargestellten Rahmen des § 16b Abs. 7 S. 3 BImSchG verändert wird, gilt die Änderung nach Ablauf von sechs Wochen als genehmigt.

6. Begründungsfrist für Drittwidersprüche

Zuletzt wird das Verfahren auch auf Ebene der Rechtsbehelfe gestrafft. Grundsätzlich haben Widerspruch und Anfechtungsklage eines Dritten gegen die Genehmigung von Windenergieanlagen bereits jetzt keine aufschiebende Wirkung (vgl. § 63 BImSchG). Das bedeutet, dass der Vorhabenträger grundsätzlich mit dem genehmigten Projekt fortfahren darf, bis die Genehmigung entweder von einem Gericht aufgehoben wird oder die aufschiebende Wirkung gerichtlich angeordnet wird. Die BImSchG-Novelle erhöht die Anforderungen bei der Einlegung von Rechtsbehelfen Dritter gegen die Genehmigung nun in zweierlei Hinsicht:

  • Es wird eine Begründungsfrist von einem Monat eingeführt; wenn der Widerspruch einen Monat nach Einlegung nicht begründet wurde, soll die Behörde diesen als unbegründet zurückweisen (vgl. § 63 Abs. 1 S. 2).
  • Zudem wird die Möglichkeit eingeschränkt, im Wege des Eilrechtschutzes den Baubeginn zu verhindern. In Zukunft muss der Antrag auf Anordnung der aufschiebenden Wirkung grundsätzlich innerhalb eines Monats nach Zustellung der Genehmigung gestellt werden, andernfalls ist er unzulässig.

In der Praxis führen langwierige (rechtliche) Verfahren oft dazu, dass Anlagen aus tatsächlichen oder finanziellen Gründen nicht mehr errichtet werden. Durch die Begründungsfrist können Vorhabenträger zukünftig zügig und belastbar einschätzen, welches Risiko mit eventuell erhobenen Einwendungen einhergeht. Gleichzeitig ermöglicht die Neuregelung im Eilrechtsschutz, dass im Zweifelsfall dennoch zeitnah mit dem Bau begonnen werden kann.

Gerne beraten wir Sie zu allen Aspekten der Energiewende in Deutschland und zur praktischen Umsetzung der neuen Regelungen der BImSchG-Novelle.

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