REAL ESTATE UPDATE: DIE NEUE MF-GIF 2023 | McDermott

REAL ESTATE UPDATE: DIE NEUE MF-GIF 2023

Überblick


Im Februar 2023 hat die Gesellschaft für Immobilienwirtschaftliche Forschung e. V. („gif“) die neue Richtlinie zur Berechnung der Mietfläche für Gebäude (MF-GIF) 2023 („MF-GIF“) veröffentlicht. Im Folgenden geben wir einen kurzen Überblick über die Hintergründe der Novellierung, die wesentlichen Änderungen sowie Hinweise zur (miet-) vertraglichen Einbeziehung.

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1. Hintergrund der Novellierung
Für die Bestimmung von Flächengrößen in Mietverträgen gibt es grundsätzlich keinen einheitlichen rechtlichen Standard. Vielmehr können mietvertraglich unterschiedliche Berechnungsmethoden vereinbart werden. Hierzu zählen in Deutschland derzeit etwa die Verordnung zur Berechnung der Wohnfläche („Wohnflächenverordnung“), die DIN 277 (Grundflächen und Rauminhalte im Hochbau) in der Fassung von August 2021 („DIN 277“) sowie die MF-GIF und ihre Vorgänger-Richtlinien, wie z.B. die MFG 2017 und die MF/G 2012. Die Wohnflächenverordnung stellt eine gesetzliche Regelung für die Berechnung von Wohnfläche nach dem Wohnraumförderungsgesetz dar. Bei der DIN 277 handelt es sich um eine Norm des Deutschen Instituts für Normung e. V., welche die einheitliche Beurteilung und Berechnung von Grundflächen und Rauminhalten ermöglicht. Hinzu kommen internationale Standards, wie beispielsweise der europäische „Code of Measurement“, der „International Property Measurement Standard“ („IPMS“) oder der amerikanische „BOMA-Standard“.

Die unterschiedlichen Berechnungsmethoden können in der Praxis zu erheblichen Abweichungen bei den Flächengrößen eines Mietvertrages führen. Die Vertragsparteien sollten daher im Rahmen des Mietvertrages festlegen, auf welcher Basis die Mietflächen berechnet werden sollen, da dies offenkundig Auswirkungen auf die Miethöhe, die Nebenkosten etc. hat. Die neue MF-GIF versucht, die unterschiedlichen Berechnungssysteme zu harmonisieren und eine weitergehende Vereinheitlichung der Mietflächenberechnung zu erzielen. Hierfür wird die Berechnung der Flächengröße an den IPMS-Standard angeglichen, wodurch Differenzen bei der Berechnung von Mietflächen im internationalen Markt beseitigt werden sollen.

2. Systematik der MF-GIF
Die MF-GIF teilt die Mietflächen nicht nach Grundflächenarten ein, sondern unterscheidet, ob die Mietfläche vom Mieter exklusiv (MF-GIF-1) oder gemeinschaftlich (MF-GIF-2) genutzt wird. Exklusiv genutzte Mietflächen werden entweder einem bestimmtem Mieter (MF-GIF-1.1) oder einer Mietergruppe zugeordnet (MF-GIF-1.2). Für die Unterscheidung von gemeinschaftlich genutzten Flächen und exklusiven Mieterflächen, die einer Mietergruppe zugeordnet sind, gilt folgender Grundsatz: Gemeinschaftlich genutzte Flächen werden grundsätzlich von allen Mietern genutzt, zum Beispiel gemeinsame Treppenhäuser. Hingegen werden Mietflächen nach MF-GIF-1.2, die einer Mietergruppe zugeordnet sind, nur von bestimmten oder ausgewählten Mietern benutzt, wie es beispielsweise bei einem Vorflur zu zwei Mietbereichen der Fall ist.

Außerdem bestimmt die MF-GIF auch solche Flächen, die grundsätzlich keine Mietflächen sind (MF-GIF-0). Hierunter fallen beispielsweise Dachflächen ohne Nutzung, Abstellflächen und Zugangswege für technische Anlagen, Ladenstraßen oder außerhalb des Bauwerks befindliche Baukonstruktionen, die an das Bauwerk anschließen. Als eigene Kategorie für Flächen und Räume, die keine Mietflächen sind, führt die MF-GIF zudem die sog. Sondermietobjekte ein. Hierbei handelt es sich beispielsweise um nicht unterbaute Terrassen- oder Kraftfahrzeugabstellflächen.

3. Wesentliche Änderungen gegenüber der Vorgänger-Richtline
Zunächst nimmt die MF-GIF keinen Bezug mehr auf die DIN 277, insbesondere auf die in der DIN 277 definierten Grundflächenarten, wie z.B. die Brutto-Grundfläche (BGF), die Verkehrsfläche (VK) und die Technikfläche (TK). Die MF-GIF kann nun vielmehr als eigenständiges Regelwerk verwendet werden. Alle Berechnungsvorgaben und Flächeneinteilungen ergeben sich aus der Richtlinie selbst.

Ferner gilt die MF-GIF für alle Nutzungsformen (Wohnen und Gewerbe), so dass nicht mehr unterschiedliche Richtlinien für unterschiedliche Nutzungsarten verwendet werden müssen. Eine unterschiedliche Berechnung der Flächen ist damit nicht mehr erforderlich, was beispielsweise die Flächenbestimmung in gemischt genutzten Objekten vereinfachen soll.

Neu ist ferner, dass alle Flächen bis zur Außenkante des Gebäudes, die unterbaut sind, ebenfalls zu 100 % als Mietfläche (MF-GIF-1) angesetzt werden. Alle nicht unterbauten Freiflächen, wie beispielsweise Kraftfahrzeugabstellflächen oder sonstige Freiflächen haben einen eigenen Anwendungsbereich erhalten und gelten zukünftig als Sondermietobjekte, die keine Mietflächen sind (MF-GIF-0). Hintergrund der Einbeziehung von unterbauten Flächen in die Mietflächenberechnung ist die Bestimmung und internationale Vergleichbarkeit des carbon footprints des Gebäudes. Bei der Nachhaltigkeitszertifizierung von Gebäuden, wie der DGNB-Zertifizierung oder der LEED-Zertifizierung, wird die gesamte Fläche des Gebäudes zu den Umwelt- und Effizienzmerkmalen ins Verhältnis gesetzt, die das Gebäude erfüllt. Auch hier ist die internationale Vergleichbarkeit von Gebäuden aus der Anlehnung an den IPMS entstanden. Zusätzlich kann sich dies bei der Begrünung von unterbauten Außenflächen positiv auf die Zertifizierung auswirken.

Hilfestellungen zur genauen Berechnung sowie zur Auslegung der Richtlinie geben als Hinweise gekennzeichnete Erläuterungen in der Richtlinie selbst.

4. Einbeziehung in den Mietvertrag

a) Vereinbarung der Parteien erforderlich
Bei der Erstellung von Mietvertragsentwürfen ist zu beachten, dass die MF-GIF durch ihre Einführung nicht automatisch Grundlage für die Flächenberechnung in Mietverträgen wird. Bei der MF-GIF handelt es sich nicht um eine gesetzlich verpflichtende Norm, sondern um das Regelwerk eines privatrechtlichen Vereins. Die Vertragsparteien können sich im Rahmen ihrer Vertragsfreiheit entscheiden, ob und welche Berechnungsmethode für die Bestimmung der Flächen im Mietvertrag Anwendung finden soll. Es kann in Mietverträgen beispielsweise weiterhin festgelegt werden, eine Flächenberechnung anhand der Vorgänger-Richtlinien der MF-GIF, der DIN 277 oder der Wohnflächenverordnung vorzunehmen. Die anzuwendende Berechnungsmethode sollte zwingend im Mietvertrag vereinbart werden, um Unklarheiten zu vermeiden. Bei Wohnraummietverträgen werden Mietflächen bei einer fehlenden mietvertraglichen Vereinbarung im Zweifel nach der Wohnflächenverordnung berechnet. Ein entsprechendes gesetzliches Pendant bei Gewerberaummietverträgen existiert nicht, so dass im Zweifel unklar bleibt, welche Berechnungsmethode die Vertragsparteien bei Mietvertragsabschluss zugrunde legen wollten.

b) Widersprüche vermeiden
Bei der Vereinbarung einer Berechnungsmethode im Mietvertrag sind Widersprüche zu vermeiden. Die MF-GIF muss zwar nicht zwingend als Anlage zum Mietvertrag genommen werden, jedoch sollte auf die betreffende Richtlinie im Vertragstext zumindest zweifelsfrei verwiesen werden. Ferner sollte bei Vereinbarung der MF-GIF im Rahmen der Miete und der Nebenkosten, aber auch der Instandhaltungs- und Instandsetzungsregelungen stringent unterschieden werden zwischen der exklusiv genutzten Mietfläche (MF-GIF-1) und den Gemeinschaftsflächen (MF-GIF-2). Ebenfalls sollten alle Mietflächen über entsprechende Plananlagen klar ausgewiesen werden, da bei Zweifeln über die Größe und Lage des Mietgegenstandes unter Umständen ein Verstoß gegen das gesetzliche Schriftformgebot bei langfristigen Mietverträgen drohen kann.

Bei einer Vermietung vom Reißbrett ist es zudem empfehlenswert, die tatsächliche Größe der Mietflächen nach Errichtung mittels eines planimetrischen oder örtlichen Aufmaßes nach der MF-GIF bestimmen zu lassen und das Ergebnis in einem schriftformkonformen Nachtrag zum Mietvertag zu dokumentieren.

Die MF-GIF sollte immer als Ganzes vereinbart werden. Eine teilweise Anwendung, beispielsweise für Teilflächen, ist nicht zu empfehlen. Zudem sollten keine unterschiedlichen Flächenmaßstäbe für die Berechnung der Nebenkosten festgelegt werden. Der Umlageschlüssel muss für den Mieter verständlich und bestimmt und für alle Mieter einheitlich gestaltet sein.