Überblick
Das neue Jahr hält einige wichtige Gesetzesänderungen für die Immobilienbranche bereit, die Ihre Aufmerksamkeit verlangen. In unserem Real Estate Update möchten wir Ihnen auf einen Blick die wichtigsten Informationen zu einigen ausgewählten und bereits in Kraft getretenen sowie wahrscheinlich kommenden Gesetzesänderungen zur Verfügung stellen. Hierzu werfen wir für Sie auch einen Blick in den Koalitionsvertrag.
Weitere Informationen
1. KfW-Förderung
Das Jahr begann mit einem Paukenschlag: Die KfW-Förderung für energieeffiziente Gebäude wurde gestoppt. Waren Bauherren ursprünglich davon ausgegangen, bis zum 31. Januar 2022 eine Förderung für KfW-Effizienzhäuser des Standard 55 beantragen zu können, kam es am 24. Januar 2022 zu einer Kehrtwende. Die Bundesregierung stoppte ohne Vorankündigung und mit sofortiger Wirkung die KfW-Förderprogramme betreffend Neubauten im Bereich Effizienzhaus/-gebäude 55 (EH/EG55) und Effizienzhaus/-gebäude 40 (EH/EG40) sowie für energetische Sanierungen. Als Begründung wurde ausgeführt, dass die “enorme Antragsflut im Monat Januar” die bereitgestellten Haushaltsmittel deutlich überstiegen habe. Mittlerweile steht fest, dass alle 24.000 Anträge, die bis zum 24. Januar 2022 bei der Förderbank eingegangen sind, noch geprüft und – bei Vorliegen der Förderungsvoraussetzungen – genehmigt werden. Sofern der Antrag jedoch später eingereicht wurde, besteht vorerst kein Anspruch mehr auf Förderung.
Nach Auskunft des Bundeswirtschaftsministeriums soll die KfW-Förderung für Effizienzhäuser/-gebäude des Standard 40 zumindest bis Ende des Jahres wieder aufgenommen werden. Förderanträge für KfW-55-Häuser müssen daher auf KfW-40-Standard umgeschrieben werden. Für die Förderung soll eine Milliarde Euro zur Verfügung stehen. Eine KfW-Förderung für energetische Sanierung soll wieder möglich sein, sobald entsprechende Haushaltsmittel bereitgestellt sind. Grundsätzlich beabsichtigt die Bundesregierung eine Neuausrichtung der Gebäudeförderung um”eine klima-politisch ambitionierte, ganzheitlich orientierte Förderung für neue Gebäude” entsprechend den Vereinbarungen im Koalitionsvertrag aufzusetzen.
2. Neuberechnung der Grundsteuer
Nachdem die Berechnungsgrundlage für die Grundsteuer durch das Bundesverfassungsgericht im April 2018 für verfassungswidrig erklärt wurde, tritt zum 1. Januar 2025 das Grundsteuer-Reformgesetz in Kraft. Bereits in diesem Jahr hat das Gesetz Auswirkungen auf Grundstückseigentümer der rund 36 Millionen Immobilien in Deutschland.
Da die Grundsteuerwerte auf den 1. Januar 2022 neu festzustellen sind, wird voraussichtlich Ende März 2022 eine Aufforderung zur Abgabe der Feststellungserklärung für alle Grundstückseigentümer durch öffentliche Bekanntmachung erfolgen. Die Feststellungserklärung kann dann ab 1. Juli 2022 eingereicht werden. Unter anderem sind Angaben zur Lage, Fläche, Bodenrichtwert und Baujahr der Immobilie zu machen. Nach derzeitigem Kenntnisstand läuft die Abgabefrist bis zum 31. Oktober 2022.
Das Finanzamt berechnet den Grundsteuerwert anhand der Angaben des Eigentümers neu und erlässt einen Grundsteuerwertbescheid. Aufgrund einer gesetzlich festgeschriebenen Steuermesszahl wird zudem ein Grundsteuermessbescheid ausgestellt. Die vorgenannten Bescheide dienen als Grundlage für die Festsetzung der Grundsteuer ab dem Kalenderjahr 2025. Für die Feststellungserklärungen sollten schon in diesem Jahr die notwendigen Ressourcen eingeplant werden.
3. Zensus 2022
Mit dem Zensus 2022 nimmt Deutschland an einer EU-weiten Zensusrunde teil und erfüllt entsprechende EU-Vorgaben. Zusätzlich zu einer “Volkszählung” findet auch eine Gebäude- und Wohnungszählung statt, die insbesondere für die Wohnimmobilienbranche relevant ist. Im Rahmen der Zählung sind Eigentümer, Vermieter und Verwalter verpflichtet, bis zum Stichtag am 15. Mai 2022, Auskunft über verschiedene Gebäude- und Wohnungsmerkmale sowie Details der Wohnsituation zu machen. Abgefragt wird unter anderem die Gebäudeart, die Anzahl der Wohnungen pro Gebäude, das Baujahr, die Heizungsart, die Wohnfläche und die Namen der Bewohner.
Aller Voraussicht nach kommt mit der Gebäude- und Wohnungszählung ein erheblicher Aufwand auf Eigentümer, Vermieter und Verwalter zu.
4. Neue Heizkostenverordnung
Die neue Heizkostenverordnung ist bereits zum 1. Dezember 2021 in Kraft getreten. Der Gesetzgeber erhofft sich durch die Novelle eine Senkung des Energieverbrauchs und setzt damit die angepasste EU-Energieeffizienzrichtlinie um. Die neue Heizkostenverordnung gilt ausschließlich für Gebäude mit gemeinschaftlich genutzten Heiz- und Warmwasseranlagen und dürfte daher insbesondere im Bereich der Geschäftsraum- und Wohnraummiete Anwendung finden.
Zu den wichtigsten Neuerungen zählt die Pflicht zur Nachrüstung bzw. zum Austausch nicht fernablesbarer Zähler bis zum 1. Januar 2027. Sie gilt nicht, wenn eine Nachrüstung oder ein Austausch wegen besonderer Umstände technisch nicht möglich ist, einen unangemessenen Aufwand bedeuten oder in sonstiger Weise zu einer unbilligen Härte führen würde. Seit dem 1. Dezember 2021 müssen neu installierte Messgeräte ebenfalls fernablesbar sein. Zudem müssen ab 2023 neu installierte Geräte an ein Smart-Meter-Gateway (sog. digitaler Stromzähler) angebunden werden. Eigentümer, die bereits fernablesbare Messgeräte nutzen, haben bis Ende 2031 Zeit, dieses Erfordernis umzusetzen.
Schließlich sind Mieter seit dem 1. Januar 2022 während der Heizperiode monatlich über ihren Energieverbrauch für Heizung und Warmwasser zu informieren. Verstößt der Vermieter gegen seine Informationspflicht, kann der Mieter den auf ihn entfallenden Kostenanteil um 3 % kürzen. Der Mieter kann seinen Kostenanteil ebenfalls um 3 % kürzen, wenn der Vermieter seinen o.g. Verpflichtungen zum Einbau von Fernlesegeräten nicht nachkommt.
5. Neuregelung des Schriftformerfordernisses
Eine weitere Neuerung könnte sich in Sachen Schriftformerfordernis nach § 550 BGB ergeben, ein Dauerthema im Gewerberaummietrecht. Hiernach gilt: Wird ein Mietvertrag für längere Zeit als ein Jahr nicht in schriftlicher Form geschlossen, so gilt er für unbestimmte Zeit. Bei einem Mietvertrag von über einem Jahr Dauer, der die Schriftform nicht einhält, ist eine ordentliche Kündigung mit der gesetzlichen Frist grundsätzlich zulässig, im Falle eines Gewerberaummietvertrages damit regelmäßig mit einer Frist von ca. sechs Monaten zum Quartalsende. Die Einhaltung des Schriftformerfordernisses führt bei den Mietvertragsparteien regelmäßig zu erheblichen Problemen. Der Eintritt der unerwünschten Rechtsfolge kann nach der Rechtsprechung des Bundesgerichtshofes nicht mit sogenannten Schriftformheilungsklauseln verhindert werden. Wird sich vor diesem Hintergrund 2022 möglicherweise etwas am gesetzlichen Schriftformerfordernis ändern?
Nachdem der Bundesrat im Dezember 2019 einen weitreichenden Gesetzesentwurf erarbeitet hat, der jedoch nicht umgesetzt wurde, gibt es mittlerweile einen neuen Vorstoß. Das Justizministerium hat am 26. Oktober 2021 einen eigenen Diskussionsentwurf zur Neuregelung des Schriftformerfor-dernisses im Gewerbemietrecht vorgelegt. Hiernach soll für den Abschluss eines Mietvertrages – wie bisher – das Schriftformerfordernis gelten. Für Änderungsvereinbarungen zum Mietvertrag soll aber die Textform (z.B. per E-Mail) ausreichen. Ein Verstoß gegen die Textform soll außerdem lediglich zur Nichtigkeit der Änderung/Ergänzung führen, während der Rest des Mietvertrages wirksam bleibt und eine vorzeitige Kündigung nicht möglich ist.
Das Gesetzgebungsverfahren befindet sich in einem sehr frühen Stadium. Unabhängig davon, ob sich der Reformvorschlag in der neuen Bundesregierung und im Bundestag durchsetzen wird, ist die Diskussion um das Schriftformerfordernis neu eröffnet.
6. Programmpunkte der Bundesregierung – Koalitionsvertrag
Der von SPD, Grünen und FDP unterzeichnete Koalitionsvertrag sieht einige erwähnenswerte Programmpunkte rund um den Immobiliensektor vor. Zunächst ist für die Bereiche Bauen und Wohnen zukünftig ein eigenes Bauministerium verantwortlich. Neben der Schaffung von Wohnraum, u.a. auch durch eine Vereinfachung von Planungs- und Genehmigungsverfahren, steht der Klimaschutz im Gebäudebereich auf der Agenda der Regierungsparteien. So sollen beispielsweise Solarzellen auf Dächern bei gewerblichen Neubauten verpflichtend werden, wie es in Baden-Württemberg bereits seit dem 1. Januar 2022 der Fall ist. Ferner ist beabsichtigt, den CO2-Preis, der zusätzlich zu den Heizkosten zu zahlen ist, „fair“ zwischen Vermieter und Mieter aufzuteilen.
Zum Schutz der Mieter soll zudem weiterhin regulatorisch in den Wohnraummietmarkt eingegriffen werden. Es ist geplant, die bestehende Mietpreisbremse bis2029 zu verlängern und in angespannten Wohnungsmärkten die Kappungsgrenze von 20 auf elf Prozent in drei Jahren abzusenken. Ferner wollen die Ampelparteien prüfen, ob die Anwendbarkeit des gemeindlichen Vorkaufsrechts in Gebieten einer Erhaltungssatzung (Milieuschutzsatzung) angesichts der jüngsten Rechtsprechung des BVerwG erweitert werden muss.
Die Koalitionsparteien haben außerdem das “Schließen von steuerlichen Schlupflöchern beim Immobilienerwerb von Konzernen (Share Deals)” auf ihre Agenda gesetzt. Die illegale Finanzierung von Immobilien soll nachhaltig bekämpft werden. Dazu gehört der Versteuerungsnachweis für gewerbliche und private Immobilienkäufer aus dem Ausland bei jeglichem Immobilienerwerb in Deutschland und ein Verbot des Erwerbs von Immobilien mit Bargeld. Zudem soll im Grundbuch eine ladungsfähige Anschrift bei Änderungen verpflichtend werden.
Unser Fazit
Während das Grundsteuer-Reformgesetz den Weg für Neuerungen für Grundsteuerpflichtige im Jahre 2025 bereitet, sind die Änderungen im Rahmen der KfW-Förderung bereits jetzt hochaktuell und von weitreichender Relevanz für den Immobiliensektor. Auch nach dem Einlenken der Bundesregierung am 24. Januar 2022 bleibt die Lage dynamisch. Die Förderung für KfW-55-Häuser ist entfallen, während es zu etwaigen zukünftigen Förderungsmöglichkeiten von der Bundesregierung bisher nur Absichtsbekundungen gibt.
Mit der Umsetzung erster Programmpunkte des Koalitionsvertrages ist in naher Zukunft zu rechnen. So knüpft die neue Bundesregierung mit dem Verbot des Erwerbs von Immobilien mit Bargeld und entsprechenden Versteuerungsnachweisen an eine Gesetzgebung an, welche es sich zum Ziel gemacht hat, Transaktionen und Cashflows transparenter zu machen. Dies gilt wohl insbesondere auch im Hinblick auf das im Jahr 2021 reformierte Geldwäschegesetz.
Die Pflicht, Solarzellen auf Dächern von gewerblichen Neubauten zu installieren, dürfte in Anbetracht der entsprechenden gesetzlichen Vorläufer auf Länderebene schnell Wirklichkeit werden. Ebenso wie diese Pflicht kann auch die Novellierung der Heizkostenverordnung und die damit einhergehende Umsetzung der EU-Energieeffizienzrichtlinie als Willen des Gesetzgebers angesehen werden, ökologische Aspekte im Immobiliensektor stärker zu betonen.