Überblick
Mit dem Jahreswechsel ist zum 1. Januar 2024 der überwiegende Teil des insbesondere von der deutschen Startup-Szene erwarteten Zukunftsfinanzierungsgesetzes („ZuFinG“) in Kraft getreten. Eines der gesetzgeberischen Ziele des ZuFinG war die Erleichterung der steuerlichen Rahmenbedingungen für die Gewährung von Kapitalbeteiligungen an Mitarbeiter („Mitarbeiterbeteiligungen“).
Der Bundesrat hatte dem Gesetz am 24. November 2023 zugestimmt, nachdem der Bundestag den Gesetzesentwurf zuvor am 17. November 2023 beschlossen hatte. Zum Referentenentwurf vom 12. April 2023 („Referenten-E“) und dem Regierungsentwurf vom 17. August 2023 („Regierungs-E“) hatten wir bereits ausführlich berichtet (zum Bericht über den Referenten-E; zum Bericht über den Regierungs-E).
Die nun in Kraft getretene Fassung des ZuFinG enthält nochmals erhebliche Anpassungen im Vergleich zum Referenten-E. Die vorgenommenen Änderungen betreffen insbesondere die steuerlichen Rahmenbedingungen für die Gewährung von Mitarbeiterbeteiligungen in § 3 Nr. 39 EStG und § 19a EStG. Nachstehend sind die wesentlichen Inhalte der nun in Kraft getretenen Gesetzesänderungen zusammengefasst.
Weitere Informationen
WESENTLICHE ÄNDERUNGEN DURCH DAS ZUFING
Erhöhung des Steuerfreibetrags für Mitarbeiterbeteiligungen
Statt der noch im Regierungs-E vorgesehen Erhöhung des steuerlichen Freibetrags für die Gewährung von Mitarbeiterbeteiligungen auf EUR 5.000 pro Jahr und Mitarbeiter wurde der Freibetrag lediglich auf EUR 2.000 erhöht (zuvor EUR 1.440). Somit werden auch weiterhin häufig Anteilsveräußerungen zur Deckung der Lohnsteuer für den nicht vom Freibetrag erfassten steuerlichen Vorteil (sog. sell to cover) erforderlich sein. In der Praxis ist ein solches sell to cover insbesondere für Unternehmen mit geringem Handelsvolumen nur mit erheblichem Aufwand darstellbar.
Verzichtet wurde in der finalen Gesetzesfassung hingegen auf Regelungen zur Vermeidung von Mitnahmeeffekten. Der Regierungs-E hatte hier noch vorgesehen, dass der nach § 3 Nr. 39 EStG steuerfreie geldwerte Vorteil bei einer Veräußerung der gewährten Anteile erst nach Ablauf von drei Jahren als Anschaffungskosten zu berücksichtigen ist. Ebenso gestrichen wurde das zur Vermeidung gezielter Entgeltumwandlung vorgesehene Erfordernis einer Gewährung der Mitarbeiterbeteiligung zusätzlich zum ohnehin geschuldeten Arbeitslohn.
Erleichterungen für eine Steuerstundung bei der Gewährung von Mitarbeiterbeteiligungen
Neben der Erhöhung des steuerlichen Freibetrags wurden durch das ZuFinG auch die Möglichkeiten zur Steuerstundung bei der Gewährung von Mitarbeiterbeteiligungen in § 19a EStG erweitert. Dadurch soll das Problem des sog. dry income, d.h. eine Steuerbelastung aufgrund eines geldwerten Vorteils bei Anteilsgewährung ohne Liquiditätszufluss, weiter abgemildert und die Besteuerung im Idealfall bis zur Veräußerung der Anteile aufgeschoben werden.
Der Anwendungsbereich von § 19a EStG wurde durch das ZuFinG erheblich erweitert:
1. Statt der bislang geltenden Anknüpfung an die „einfache“ KMU-Schwelle (weniger als 250 Beschäftigte, Jahresumsatz von max. EUR 50 Mio. und Jahresbilanzsumme von max. EUR 43 Mio.) gelten nun folgende Schwellenwerte für die Einordung als begünstigter Arbeitgeber:
• weniger als 1.000 Mitarbeiter;
• Jahresumsatz von max. EUR 100 Mio.; und
• Jahresbilanzsumme von max. EUR 86 Mio.
Der Betrachtungszeitraum für eine schädliche Überschreitung der Schwellenwerte wurde auf das Jahr der Übertragung der Mitarbeiterbeteiligung sowie die vergangenen sechs Kalenderjahre ausgeweitet. Bislang waren hierfür nur das Jahr der Gewährung sowie das vorangegangene Kalenderjahr zu beachten.
2. Die Gründung des Unternehmens darf nicht mehr als 20 Jahre (bislang 12 Jahre) zurückliegen.
3. Begünstigt sind zukünftig auch Mitarbeiterbeteiligungen, die dem Mitarbeiter von dem Gesellschafter seines Arbeitgebers gewährt werden. Dies berücksichtigt die gängige Marktpraxis, dass Mitarbeiterbeteiligungen an der Arbeitgebergesellschaft häufig nicht von der Arbeitgebergesellschaft selbst, sondern von den (Gründungs-)Gesellschaftern gewährt werden. Die im Gesetzgebungsverfahren noch vorgesehene Konzern-Klausel, wonach auch die Übertragung von Mitarbeiterbeteiligungen an Mitarbeiter verbundener Unternehmen von § 19a EStG erfasst sein sollte, wurde hingegen nicht umgesetzt.
Die Besteuerung des geldwerten Vorteils wird, entsprechend der bisherigen Systematik, bis zum Eintritt eines der folgenden Ereignisse aufgeschoben:
• Entgeltliche oder unentgeltliche Übertragung der Mitarbeiteranteile durch den Mitarbeiter;
• Ablauf von 15 Jahren seit Gewährung der Mitarbeiterbeteiligung (ehemals 12 Jahre). Im Gesetzgebungsverfahren war hingegen eine Ausweitung auf 20 Jahre vorgesehen.
• Beendigung des Arbeitsverhältnisses mit dem Mitarbeiter.
Ergänzend kann die Besteuerung bei Ablauf der 15-Jahresfrist sowie im Fall der Beendigung des Arbeitsverhältnisses bis zur entgeltlichen oder unentgeltlichen Übertragung der Mitarbeiterbeteiligung durch den Mitarbeiter aufgeschoben werden, wenn der Arbeitgeber unwiderruflich erklärt, für die Lohnsteuer zu haften, ohne sich der Haftung durch Anzeige gegenüber dem Finanzamt nach § 38 Abs. 4 Satz 2 EStG entziehen zu können. Eine entsprechende Regelung wurde durch das ZuFinG in § 19a Abs. 4a EStG aufgenommen.
Umgesetzt wurde zudem die abweichende Ermittlung des steuerlichen Vorteils im Fall des Rückerwerbs gewährter Anteile. Bei einem Rückerwerb der Mitarbeiterbeteiligung durch den Arbeitgeber, dessen Gesellschafter oder ein verbundenes Unternehmen i.S.d. § 18 AktG wird der nachzuversteuernde geldwerte Vorteil zukünftig nach der für die Rückübertragung gewährten Vergütung bestimmt. Dies berücksichtigt die gängige Marktpraxis, nach der (bad) leaver-Regelungen regelmäßig eine vom gemeinen Wert abweichende Wertermittlung für den Rückerwerb vorsehen.
AUSBLICK
Mit dem ZuFinG wurden die steuerlichen Rahmenbedingungen für die Gewährung von Mitarbeiterbeteiligungen spürbar verbessert.
Allerdings ist die finale Gesetzesfassung in einigen Teilen hinter den im Gesetzgebungsprozess vorgesehenen Erleichterungen zurückgeblieben. Zu nennen sind insbesondere die Erhöhung des steuerlichen Freibetrags in § 3 Nr. 39 EStG auf lediglich EUR 2.000 (statt EUR 5.000) sowie die Streichung der Konzern-Klausel in § 19a EStG. Zumindest für die Konzern-Klausel wurde aber bereits eine gesetzgeberische Anpassung im Rahmen des Jahressteuergesetzes 2024 in Aussicht gestellt.